Godfather of Harlem: Review der Pilotepisode (2024)

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Von: Felix Böhme

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Godfather of Harlem: Review der Pilotepisode (1)

Das Historiendrama Godfather of Harlem ist ein episches Zeitdokument, bei dem allen voran Genreliebhaber bestens auf ihre Kosten kommen. Die Mafiageschichte um den New Yorker Gangsterboss Bumpy Johnson, exzellent verkörpert von Forest Whitaker, zeichnet Flair, Stil und einen zeitlosen Charakter aus.

Vielleicht klingt es arg subjektiv, aber wenn man mir eine richtig gut gemachte und greifbare Gangstergeschichte präsentiert, dann bin ich im Handumdrehen mit von der Partie. Das Genre erfreut sich einer allgemeinen Beliebtheit, doch es steht und fällt auch immer wieder mit der Authentizität, die einer derartigen Erzählung das nötige Etwas, wenn nicht sogar erst den besonderen Reiz verpasst, dem Ganzen eine Chance zu geben. Gelingt es, eine glaubhafte, sich lebendig und nahbar anfühlende Welt zu kreieren, in der die verschiedensten Charaktere aus dem Milieu des organisierten Verbrechens um Macht, Einfluss und Territorien konkurrieren, dann ist es auch ein Leichtes, sich als Zuschauer/-in förmlich fallen zu lassen und das gesamte Ambiente gespannt aufzusaugen.

Der Serienneustart Godfather of Harlem bringt genau das fertig. Das Drama, welches in den USA bei dem Kabelanbieter Epix läuft, präsentiert uns eine ungemein stilsichere und selbstbewusste Auftaktepisode, die uns perfekt in die Welt seiner Hauptfigur - Gangsterboss Bumpy Johnson (Forest Whitaker) - einführt. Von Chris Brancato und Paul Eckstein entwickelt, entführt uns „Godfather of Harlem“ in den New Yorker Stadtteil Harlem in den frühen 60er Jahren, in welchem zu dieser Zeit ein brutaler Machtkampf zwischen den unterschiedlichen Verbrecherfamilien geführt wird. Bumpy Johnson, im wahrsten Sinne der Pate von Harlem, kontrollierte den Stadtteil eine lange Zeit und entwickelte sich sukzessive zu einer wichtigen Bezugsperson für Anwohner, aber auch für Vertreter aus Politik und Wirtschaft.

Bumpy kehrt nun nach einem längeren Gefängnisaufenthalt auf Alcatraz nach Harlem zurück - und dort hat sich in seiner Abwesenheit so einiges verändert. Die italienische Cosa Nostra, genauer gesagt die berühmt-berüchtigte Genovese-Familie, macht ihm seine Position streitig. Zusätzlich verkommt Harlem immer mehr, Heroin überschwemmt die Straßen des Viertels und viele Menschen leiden unter einer schweren Drogensucht. Gleichzeitig geht ein politischer Ruck durch die US-Gesellschaft, Aktivisten wie Malcom X machen mobil und stehen für die Bürgerrechte von Schwarzen ein, wenn es sein muss auch mit dem Einsatz von Gewalt. Inmitten all dieser gesellschaftlichen und politischen Unruhen findet sich von jetzt auf gleich Bumpy Johnson wieder, der nicht nur seine Machtposition erhalten will, sondern sich auch persönlich im Klaren darüber wird, welch entscheidende Rolle er in Harlem spielt beziehungsweise spielen kann.

„Godfather of Harlem“ basiert auf dem wahren Leben des echten Ellsworth Raymond „Bumpy“ Johnson (den Spitznamen bekam er aufgrund einer charakteristischen Beule an seinem Hinterkopf) und orientiert sich sehr genau an den realhistorischen Umständen der 1960er Jahre in Harlem. Daher hat man auch keine Kosten und Mühen gescheut, das spezielle Setting sehr glaubwürdig und detailgetreu einzufangen, was in diesem Fall ein Schlüssel zum Erfolg ist. Von der ersten bis zur letzten Minute der Pilotfolge geht eine besondere Energie von „Godfather of Harlem aus“. Es ist lebendig, es fühlt sich echt an, es ist einnehmend. Hier spielten den beiden Serienschöpfern Chris Brancato und Paul Eckstein sicherlich ihre Erfahrungen in die Karten, die sie bei der kreativen Umsetzung von Serien wie „Narcos“ oder „Narcos: Mexico“ gemacht haben, in denen man ebenfalls mit hoher Akribie daran arbeitet, eine absolut authentische Kulisse zu schaffen, ohne die die eigentliche Geschichte nur halb so viel wert wäre.

Ebenjene ist tatsächlich recht klassisch angehaucht und stellt sich im Grunde genau so dar, wie man es fast schon von einer Erzählung rund um mafiöse Gruppierungen und ambitionierte Großkriminelle erwartet. Wir bekommen anfangs erste Einblicke in die unterschiedlichen Organisationen und ihre Anführer, wir erfahren von ihren Zielen, ob klar oder eher vage formuliert, und wir verschaffen uns einen Überblick hinsichtlich der komplizierten Gemengelage, die in Harlem vorherrscht. Das Rad wird dabei überhaupt nicht neu erfunden, doch das ist auch gar nicht wirklich notwendig. Die Macher von „Godfather of Harlem“ wissen ganz genau, wie sie sich in diesem Genre zu bewegen haben, wie man seine Stärken am besten ausspielt und was die Leute sehen wollen, die sich auf ein solches Gangsterdrama einlassen.

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Godfather of Harlem: Review der Pilotepisode (2)

Das Schöne daran ist, dass Brancato, Eckstein und der erfahrene Regisseur und Drehbuchautor John Ridley (Justice, „12 Years a Slave“) exakt wissen, was sie uns zeigen wollen. Keine einzige Szene erweckt den Eindruck, dass sie erzwungen, unnötig oder völlig fehl am Platz ist. Der Plot wird durchdacht und zielgerichtet vorangetrieben, als hätten wir es mit einer perfekt geölten Maschine zu tun. Godfather of Harlem ist von vorne bis hinten stimmig und handwerklich sauber ausgeführt, selbst wenn es inhaltlich durchaus schmutzig und blutig zugeht. Es handelt sich zum einen um eine Geschichte einer einzelnen Person, aber eben auch um die Geschichte einer eigenen kleinen, marginalisierten Subkultur in New York, die sich im Wandel befindet. Hauptfigur Bumpy Johnson ist unser „trojanisches Pferd“, über den der Vorhang zurückgezogen wird und wir mehr als „nur“ die Aufarbeitung des Lebens einer einzigen Person zu sehen bekommen.

Wobei auch gesagt werden muss, dass der Charakter Bumpy Johnson für manche Zuschauer völlig ausreichen dürfte, um sie von dieser Serie zu überzeugen. Das liegt zum einen an der historischen Figur selbst, deren Leben hier abgebildet wird, und zum anderen an Forest Whitaker, der eine grandiose Darbietung zum Besten gibt und als ein emotionaler Anker für die gesamte Erzählung fungiert.

Whitaker zeichnet eine natürliche Autorität und Respektabilität aus, weshalb man ihn oft in Rollen als Gesetzeshüter sieht. Diese persönlichen Stärken bringt er für „Godfather of Harlem“ nun mit seiner typischen, melancholisch-rigorosen Art in einen fantastischen Einklang. Man merkt Bumpy Johnson permanent an, was alles auf ihm lastet: die eigenen Ambitionen, die Kontrolle über Harlem zu wahren. Die Sorgen um seine Familie. Sein Verantwortungsbewusstsein für den Stadtteil, in dem er geschätzt wird und dessen Menschen ihm am Herzen liegen. Die Zeit steht nicht still und auch Bumpy muss sich wahrscheinlich anpassen, um zu überleben. Oder kann er sich erfolgreich gegen all die Veränderungen und neuen Hürden wehren, um seine alte Stellung zurückzugewinnen? Whitaker vereint all diese Nuancen und Facetten, die seine Figur ausmachen, hervorragend in seiner Performance, was Bumpy Johnson zu einer spannenden treibenden Kraft macht, auch wenn die Figur sich auf den ersten Blick sehr gefasst und unaufgeregt präsentiert.

Neben Whitaker geben sich zahlreiche weitere namhafte Schauspieler die Klinke in die Hand, so zum Beispiel Vincent D'Onofrio (Daredevil und , für das Chris Brancato und Paul Eckstein einst als Autoren tätig waren) als gefährlicher Italo-Mobster Vincent „The Chin“ Gigante, Giancarlo Esposito (Breaking Bad, Better Call Saul) als windiger Lokalpolitiker und Pastor Adam Clayton Powell Jr. oder auch Nigel Thatch (Valor) in der Rolle des weltbekannten Menschenrechtlers Malcom X, mit dem Bumpy relativ schnell gemeinsame Sache macht, um sein altes Netzwerk wieder aufzubauen und seine Macht zu festigen. Insbesondere über den Handlungsstrang um Malcom X erzeugt man eine gewisse Zeitlosigkeit, was die Themen betrifft, die angesprochen werden, so zum Beispiel die systematische Unterdrückung und Erniedrigung von Minderheiten in den USA, die für Gleichberechtigung und Gleichbehandlung aktiv werden müssen, um die unrechten Gegebenheiten anzufechten.

Die erste Folge von Godfather of Harlem, bei dem es sich übrigens um eine Prequelserie zum Film „American Gangster“ von Ridley Scott aus dem Jahr 2007 handelt, macht also allerlei Fässer auf, doch nicht einmal entsteht dabei der Eindruck, dass man sich übernimmt. Ganz im Gegenteil: Die ersten Zahnräder greifen bereits wunderbar ineinander, wodurch uns ein spannender Vorgeschmack darauf gegeben wird, was die Zuschauer noch alles erwartet. Die starke Besetzung, der markante Stil (man kombiniert zwischendurch elegante Jazz-, Swing- und Soul-Klänge mit zeitgenössischer Hip-Hop-Musik, was einen sehr schmissigen Kontrast erzeugt) und die interessante Geschichte, die hier dramatisiert nacherzählt wird, sprechen klar für den Neustart. Die sehenswerte Genreserie kann einem aber wiederum fast schon ein wenig leidtun, weil sie bei dem relativ kleinen US-Kabelsender Epix ausgestrahlt wird, dem sicherlich nicht die größte mediale Aufmerksamkeit garantiert ist. Verdient hätte sich „Godfather of Harlem“ diese allemal.

Trailer zu „Godfather of Harlem“:

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